Gedenken und Erinnerung wird nach wie vor in Österreich polarisiert diskutiert – leider. Das DÖW – Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, ERINNERN.AT, die Aktionen „Steine der Erinnerung“ und „Stolpersteine“ liefern tausende Zeugnisse über die Gräuel der Nationalsozialisten in ganz Österreich. Und trotzdem gibt es noch immer Holocaustleugner:innen und Nazi-Anhänger.
Einen Anstoß zu einer neue Erinnerungskultur liefert die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann. am 20. Dezember 2023 in einem Interview mit der Zeitung DIE FURCHE: Aber wenn das so ist und die Demokratie in Gefahr ist, wie Sie zuvor betont haben: Welche Form von Erinnerungskultur ist dann überhaupt sinnvoll?
Assmann: „Ich sage nicht, dass die bisherige Erinnerungskultur umsonst war. Aber wir sehen jetzt einfach genauer, wie die Lage ist. Es gibt eben viele Menschen, die wollen, dass über das Vergangene nicht mehr gesprochen wird. Und diese Menschen wird man nicht mehr einholen können, da bin ich pessimistisch. Aber diese Gruppen verkörpern nicht den gesamten Trend im Land (Redaktion: Deutschland) – der geht insbesondere bei der jüngeren Generation in die Gegenrichtung. Das muss man dagegenhalten. Und da sind wir wieder beim Problem der Einseitigkeit, die unsere Diskussionen verzerrt. Erst unlängst bin ich auf einen großartigen Satz der philippinischen Friedensnobelpreisträgerin 2021, Maria Ressa, gestoßen. Sie sagte, es sei die Aufgabe eines Diktators, dafür zu sorgen, dass jede Geschichte immer nur eine Seite hat. So funktioniert auch Polarisierung – ganz ohne Diktator! Die Erinnerungskultur könnte dazu beitragen, dass wir unsere Perspektiven erweitern und das, was andere ausgrenzen, mit aufnehmen.“
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